IM KAMPF GEGEN FÄLSCHUNGEN

SORGFALT IST DIE ERSTE PFLICHT

 

 

12. Kunstsachverständigentag in Köln

Seit Jahren engagiert sich Van Ham für die Sicherheit gegenüber Fälschungen auf dem Kunstmarkt und übernimmt in Deutschland in diesem Bereich eine Vorreiterrolle. Als Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Kunstversteigerer (BDK) vertritt Markus Eisenbeis nicht nur die gemeinsamen Interessen der Auktionshäuser, sondern auch deren Kunden: „Fälschungen verzerren den Markt und bringen die gesamte Branche immer wieder in die Kritik. Dies gilt es im Interesse aller zu verhindern."Das wichtigste Instrument zur Bekämpfung gefälschter Kunst ist die Kommunikation und der Informationsaustausch unter den Auktionshäusern und Kunsthändlern. Von Markus Eisenbeis initiiert und vom Verband finanziell unterstützt, wird seit Jahren eine internationale „Datenbank kritischer Werke" aufgebaut. Der Aufbau dieser Datenbank erfolgt in Zusammenarbeit mit zahlreichen Künstlernachlässen und Autoren von Werkverzeichnissen, um ein solides Fundament zu schaffen. Wird ein Werk in einem Haus aus begründeten Zweifeln an der Echtheit abgelehnt, wird es in der Datenbank hinterlegt. Taucht es dann an anderer Stelle wieder auf, hilft die Datenbank, diese kritischen Werke nachzuverfolgen und Händlern solcher Ware das Handwerk zu legen, weil der wissentliche Handel mit gefälschter Ware so nachgewiesen werden kann. Systematisch versucht Van Ham auf diesem Weg, sich gegen Fälschungen zu schützen und eine langfristige Aufarbeitung und einen sicheren Austausch unter den Auktionshäusern sicherzustellen.

Erfolge bei der Bekämpfung von Fälschungen geben Markus Eisenbeis Recht. Ein jüngster Erfolg in Zusammenarbeit mit der VG Bild-Kunst war die Entdeckung von fünf Fälschungen expressionistischer Bilder, darunter Karl Hofer und Max Beckmann, die gerichtlich aus dem Verkehr gezogen werden konnten, nachdem Van Ham sie der Polizei übergeben hatte. Die deutsche Rechtsprechung macht es den Auktionshäusern nicht leicht. Nach ihrer Identifizierung gehen die Kunstwerke meist umgehend an ihren Besitzer zurück. Der Besitz gefälschter Kunst ist, im Gegensatz zum wissentlichen Handel, nämlich nicht strafbar.

So gelangen die Werke meist wenig später an anderer Stelle wieder auf den Markt. Van Ham ist mit diesem Fall ein Durchbruch für die ganze Branche gelungen, denn im Falle der gefälschten Expressionisten folgte ein Beschluss, der ein großer Schritt in die richtige Richtung bedeutet. Da es sich bei Fälschungen in vielen Fällen um Pasticeios2) handelt, liegt gleichzeitig eine Urheberrechtsverletzung vor. Hier treten die VG Bild-Kunst oder die Rechteinhaber selber als Nebenkläger auf und für die Einlieferer besteht kein Herausgabeanspruch mehr. Die Bilder sind somit aus dem Verkehr gezogen.

Van Ham verfügt über ein großes und sehr gut ausgebildetes Expertenteam, aber auch über enge Kontakte zu Restauratoren und Spezialisten, Nachlassverwaltern oder Werkverzeichnisverfassern, die regelmäßig konsultiert werden. Provenienzen werden bei Unstimmigkeiten bis ins letzte Detail geprüft, Warnhinweisen wird sensible Beachtung geschenkt. Tauchen seltene und hoch gehandelte Künstler plötzlich zahlreicher auf? Werden Werke eines Künstlers aus seiner bedeutendsten Werkphase plötzlich vermehrt angeboten? Handelt es sich um ein bislang unbekanntes Werk eines Künstlers? Welche Provenienz hat das Stück? In jedem Fall ist größte Sorgfaltspflicht geboten.

Aktuelles Beispiel für die Sensibilität gegenüber Warnsignalen ist das jüngst bei Van Ham verkaufte Gemälde von Arnold Topp. Aufmerksam geworden durch ein vermehrtes Auftreten auf dem Kunstmarkt von Gemälden des Künstlers aus einer bestimmten Werkphase, wurde das eingelieferte Werk, zu dem bereits ein positives Expertengutachten vorlag, einer naturwissenschaftlichen Untersuchung durch Prof. Dr. Jägers unterzogen. Dieses Gutachten bestätigte die Echtheit des Gemäldes, so dass es in der Auktion schließlich für 68.750 Euro verkauft werden konnte. Zwei weitere vermeintliche Werke Topps aus der derselben Zeit konnten nach der gleichen Analyse aus dem Verkehr gezogen und als Fälschungen erfasst werden.

In den letzten Jahren ist der Sorgfaltspflicht gegenüber solchen Warnhinweisen — in Zusammenhang mit dem Aufschwung des Marktes —vielleicht nicht immer die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet worden. Der Kunsthandel

ist ein hektisches Geschäft, in dem höchste Aufmerksamkeit von den Experten gefordert ist. In Zukunft müssen alle Auktionshäuser an einem Strang ziehen, um dem Markt neue Sicherheit zu geben. „Hoher Marktdruck und Einlieferungen, die oftmals erst kurz vor der Auktion erfolgen, können unter Umständen eine sorgfältige Provenienzforschung behindern. Jetzt müssen erforderliche Konsequenzen gezogen werden, um die Reputation des Kunsthandels zu sichern", sagt Roland R. Vogel, Präsident des Bundesverbandes öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger.

Markus Eisenbeis geht das Thema aktiv an. Am 4. November 2010 wurde bei Van Ham der Kunstsachverständigentag abgehalten, um aus aktuellem Anlass das Thema zu erörtern und

mittelfristig Lösungen zu schaffen. So sprach Frau Dr. Friederike Gräfin von Brühl beispielsweise zum Thema „Original oder nicht — wer entscheidet? Zum Rechtsproblem der Expertenmacht". Der 12. Kunstsachverständigentag legte besonderen Wert auf die Förderung eines neuen Bewusstseins,

was den sorgfältigen Umgang mit kritischen Werken betrifft. Die Voraussetzungen hierfür sind blendend. Der Markt ist gesund und stabil und Kunst zählt auch weiterhin zu den sichersten und solidesten Anlagemöglichkeiten.

Kristina Erlemann